Tracking pixel Windenergie - OVG bestätigt Wahlrecht bei Vorbescheidsanträgen nach § 9 BImSchG · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Windenergie - OVG bestätigt Wahlrecht bei Vorbescheidsanträgen nach § 9 BImSchG

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Inhalt

In seinem Urteil vom 22. Juli 2025 (Az. 7 A 8/25) klärt das OVG Berlin-Brandenburg die Auslegung von § 9 BImSchG – und beseitigt Unklarheiten, die das BVerwG kurz zuvor aufgeworfen hat. Alle Details im Überblick.

Das OVG Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 22. Juli 2025 (Az. 7 A 8/25) eine zentrale Frage zur Auslegung des § 9 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) entschieden. Antragstellende von Windenergievorhaben können zwischen Vorbescheiden nach § 9 Abs. 1 und § 9 Abs. 1a BImSchG wählen – und so das Vorbescheidsverfahren strategisch steuern. Wir zeigen, was Projektierende dabei beachten müssen.

BVerwG-Entscheidung sorgte für Unsicherheiten

Ausgangspunkt war ein Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 19. März 2025 (Az. 7 B 24.24). Das Gericht bestätigte die Nichtzulassung der Revision gegen ein Urteil des OVG Berlin-Brandenburg, in dem eine Klägerin einen immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid für zwei Windenergieanlagen begehrte.

Das BVerwG stellte klar, dass im Rahmen von § 9 Abs. 1 BImSchG eine umfassende "vorläufige positive Gesamtprognose" des Vorhabens zwingend ist und nicht ausgeschlossen werden kann. Das war für Branchenkenner zu erwarten. Zugleich erklärte das Gericht aber auch, dass die seit Einführung des neuen § 9 Abs. 1a BImSchG geltende Rechtslage (wir berichteten) auch auf bereits anhängige Verfahren anzuwenden sei; eine Frage, die bislang umstritten war.

Aufgrund dessen und unter Berücksichtigung der Formulierung des Vorbescheidsantrags der Beschwerdeführerin erklärte das BVerwG im konkreten Fall aber das vereinfachte Vorbescheidsverfahren nach § 9 Abs. 1a BImSchG für einschlägig. Dadurch konnte der Eindruck einstehen, § 9 Abs. 1a BImSchG habe als speziellere Regelung Vorrang gegenüber § 9 Abs. 1 BImSchG und dieser sei auf Windenergieanlagen nicht mehr anwendbar. Diese Auslegung stieß auf Kritik und führte zu Unsicherheiten bei Projektierenden, da sie das Verhältnis der beiden Vorschriften unklar erscheinen ließ.

OVG Berlin-Brandenburg: Wahlrecht für Projektierende

Das OVG Berlin-Brandenburg hat nun klargestellt: Projektierende von Windenergieanlagen haben ein Wahlrecht zwischen den Vorbescheidsverfahren nach § 9 Abs. 1 und § 9 Abs. 1a BImSchG. Während § 9 Abs. 1a eine beschränkte Prüfung einzelner Genehmigungsvoraussetzungen erlaubt, umfasst § 9 Abs. 1 eine vorläufige positive Gesamtprognose mit rangsichernder Wirkung (inwieweit dies für den vereinfachten Vorbescheid auch gilt, ist noch umstritten).

Wortlaut, Systematik und insbesondere die Gesetzmaterialien sprechen, so das OVG überzeugend, klar dagegen, § 9 Abs. 1a BImSchG als speziellere Regelung zu verstehen. Der Gesetzesentwurf bestätige, dass Vorbescheide nach Absatz 1a nicht zur Errichtung einer Windenergieanlage berechtigen und keine Aussagen zu allgemeinen Auswirkungen der Anlage treffen. Letzteres bleibe dem Vorbescheid nach Absatz 1 vorbehalten. Daher komme eine rangsichernde und verbindliche Wirkung nur einem vollständigen Genehmigungsantrag oder einem Vorbescheid nach § 9 Abs. 1 BImSchG zu. § 9 Abs. 1a bietet hingegen mit einer reduzierten Prüfung eine unverbindliche Orientierung für Projektierende – bei deutlichen geringerem bürokratischem Aufwand.

OVG konkretisiert BVerwG-Entscheidung

Trotz der teils schwer nachvollziehbaren Begründung widerspricht die Annahme eines Wahlrechts nach Auffassung des OVG Berlin-Brandenburg nicht der Entscheidung des BVerwG vom 19. März 2025. Noch vor Inkrafttreten des § 9 Abs. 1a BImSchG strebte der Antragsteller den Verzicht auf eine vorläufige positive Gesamtprognose an – genau wie es § 9 Abs. 1a BImSchG nunmehr vorsieht. Die Frage eines Wahlrechts stellte sich in diesem Zusammenhang daher nicht. Das BVerwG bewertete lediglich den konkreten Antrag, was aus der vergleichbar kurzen Entscheidung allerdings nur schwierig nachzuvollziehen ist.

Ein vergleichbarer Sachverhalt lag der Entscheidung des OVG Bautzen vom 20. März 2025 (Az. 1 C 35/21) zugrunde (wir berichteten). Dort akzeptierte das OVG eine Verfahrensumstellung auf die neue Rechtsgrundlage des § 9 Abs. 1a BImSchG auch ohne erneuten Antrag. Das OVG Berlin-Brandenburg sieht auch darin keinen Anlass, das festgestellte Wahlrecht in Frage zu stellen.

Strategische Wahl beim Vorbescheid

Die Entscheidung des OVG schafft dringend benötigte Rechtssicherheit: Bei Vorbescheidsanträgen für Windenergieanlagen haben Antragstellende ein Wahlrecht zwischen dem umfassenden Verfahren nach § 9 Abs. 1 BImSchG und dem reduzierten Verfahren nach § 9 Abs. 1a BImSchG.

Projektierende können je nach Projektphase selbst strategisch wählen, ob der vollständige Projektüberblick mit Rangsicherung oder eine schnelle Einzelfragenklärung sinnvoller ist. Wer auf eine rechtssichere Rangsicherung angewiesen ist, dem ist nach wie vor zum Vorbescheid nach § 9 Abs. 1 BImSchG zu raten.

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