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Windenergie - BVerwG konkretisiert Einwirkungsbereich beim Lärmschutz

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In seinem aktuellen Urteil positioniert sich das BVerwG klar zu der Auslegung lärmschutzrechtlicher Vorschriften der TA Lärm und tritt einer Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg damit entschieden entgegen.

I. Hintergrund: Immissionsschutzrechtliche Auflagen für Windenergieanlagen

Einer Projektiererin waren im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb von drei Windenergieanlagen, die Bestandteil eines Windparks mit insgesamt 24 Anlagen sind, Nebenbestimmungen auferlegt worden.

Diese erlaubten ihr den Betrieb der Anlagen während der Nachtzeit nur in einem schall- und leistungsreduzierten Modus, um schädliche Umwelteinwirkungen durch Geräusche innerhalb und außerhalb des Einwirkungsbereichs der Anlagen zu reduzieren. Gegen diese behördlichen Genehmigungsauflagen klagte die Projektiererin vor dem OVG Berlin-Brandenburg.

II. Ausgangslage: OVG befürwortet weite Auslegung der Lärmschutz-Vorschriften

Das OVG bestätigte die behördlichen Nebenbestimmungen und argumentierte, dass die zulässigen Lärmrichtwerte nach der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) durch bereits bestehende Windenergieanlagen nahezu ausgeschöpft oder überschritten seien, weshalb jede weitere Zusatzbelastung kritisch zu bewerten wäre.

Isoliert betrachtet würden die geplanten Windenergieanlagen die Immissionsrichtwerte der TA Lärm zwar nicht überschreiten. Indes gehen die einschlägigen Vorschriften im Ausgangspunkt von einer Vorbelastung von nicht mehr als zwölf Windenergieanlagen aus. Diese Annahme der TA Lärm erweise sich nach dem OVG als nicht mehr tragfähig, wenn die Immissionspunkte einer derart hohen Vorbelastung durch längst existierende Windenergieanlagen ausgesetzt sind.

Das OVG befürwortete daher eine weite Auslegung der TA Lärm und stellte – bedingt durch die Vorbelastungen – eine über die Immissionsrichtwerte hinausgehende Geräuschbelastung an den Immissionsorten fest. Insofern wurde die Rechtmäßigkeit der nächtlichen Betriebsbeschränkungen bestätigt und die Klage der Projektiererin abgewiesen.

III. Bundesverwaltungsgericht widerspricht OVG deutlich

Dem ist das BVerwG nun mit Urteil vom 23.1.2025 entschieden entgegengetreten: Das BVerwG stellte klar, dass die TA Lärm als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) wie eine Rechtsnorm verbindlich auszulegen sei. Vorbelastungen durch bereits bestehende Windenergieanlagen seien bei der Festlegung des Einwirkungsbereichs gemäß der TA Lärm nicht zu berücksichtigen. Immissionsschutzrechtliche Bewertungen dürften daher nicht durch etwaige Vorbelastungen beeinflusst werden.

Laut dem BVerwG ließe bereits der Wortlaut der TA Lärm-Vorschriften die Berücksichtigung einer Vorbelastung nicht zu. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber außerhalb des Einwirkungsbereichs keine Vorbelastungen in die immissionsschutzrechtliche Bewertung einbeziehen wollte.

Da die Immissionswerte der streitigen Windenergieanlagen in dem Einwirkungsbereich unter den Immissionrichtwerten der TA Lärm lagen, verneinte das BVerwG entgegen der Ansicht des OVG die Zulässigkeit der nächtlichen Betriebsbeschränkungen und gab der Revisionsklage der Projektiererin statt.

IV. Praktische Konsequenzen für die Genehmigungspraxis

Mit dieser Entscheidung positioniert sich das BVerwG erstmals eindeutig zur richtigen Anwendung lärmschutzrechtlicher Vorgaben und setzt damit einen bedeutsamen Präzedenzfall. Für Projektiererinnen und Projektierer entsteht hierdurch eine verlässliche Grundlage, um sich künftig erfolgreich gegen vergleichbare Betriebsbeschränkungen und gegen eine unzulässige Erweiterung des Einwirkungsbereichs von Windenergieanlagen zu wehren.

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