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Energiesteuerrecht – Erlöschen von Stromsteuerbefreiung oftmals rechtswidrig

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Urteil des Finanzgerichtes Sachsen-Anhalt Erlöschen von Stromsteuerbefreiung wegen Einordnung als „kleine Versorger“ oftmals rechtswidrig. Analgenbetreiber sollten nun ihre Chancen auf Stromsteuerbefreiung neu prüfen.

Das Finanzgericht Sachsen-Anhalt hat nun mit Urteil vom 31.01.2024 (Az. 3 K 836/19) entschieden, dass die Rückforderung der Erlaubnisscheine für die Stromsteuerbefreiung und die Versorgererlaubnis von Anlagenbetreibern Wind-, Photovoltaik- und Biogasanlagen aufgrund von § 1a Abs. 6 iVm. Abs. 7 StromStV teilweise rechtswidrig war, da diese Erlaubnisse und Befreiungen nicht durch die Einführung des „kleinen Versorgers“ erloschen sind.

Der Hintergrund: Der „kleine Versorger“ der Stromsteuerverordnung

Der Gesetzgeber führte am 01.01.2018 den sogenannten „kleinen Versorger“ ein (§ 1a Abs. 6 StromStV):

„(6) Wer

1. Strom innerhalb einer Kundenanlage in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 Megawatt erzeugt,

2. diesen Strom an Letztverbraucher ausschließlich innerhalb dieser Kundenanlage leistet und

3. darüber hinaus ausschließlich nach § 3 des Gesetzes zu versteuernden Strom ausschließlich von einem im Steuergebiet ansässigen Versorger bezieht und diesen ausschließlich innerhalb dieser Kundenanlage leistet,

gilt nur für den erzeugten und dann geleisteten Strom als Versorger. Für den bezogenen Strom gilt er als Letztverbraucher im Sinne des § 5 Absatz 1 Satz 1 des Gesetzes. Wird der bezogene Strom innerhalb dieser Kundenanlage geleistet, so gelten die Absätze 1a und 4 Nummer 2 entsprechend.“

Die Regelung sollte unerfahrene Betreiber von Stromerzeugungsanlagen bis zu 2 Megawatt entlasten, die nur in Letztverbraucher in unmittelbarer Nähe über eine Kundenanlage versorgen. Ziel war die Erleichterung von Stromsteuerregelungen insbesondere für Landwirte, die sonst keine Berührungspunkte mit dem Stromsteuerrecht haben. Vorteil für die Betroffenen waren Erleichterungen bei den Betreiberpflichten. Im Gegenzug konnten sie keine Versorgererlaubnis mehr erhalten. Eine Stromsteuerbefreiung war ebenfalls ausgeschlossen. Vielmehr konnte nur noch eine nachträgliche Entlastung beantragt werden, was wiederum zusätzlichen Verwaltungsaufwand bedeutete.

Das Problem: Ausweitung auf EE-Anlagenbetreiber über 2 Megawatt

Mit dem § 1a Abs. 7 StromStV wurde die Regelung dann auf die Betreiber von Wind-, Photovoltaik- und Biogasanlagen über 2 Megawatt ausgedehnt, wobei nach dem Willen des Gesetzgebers weiterhin Voraussetzung sein sollte, dass Letztverbraucher vor Ort in einer Kundenanlage versorgt werden müssen.

„(7) Für Strom, der in Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von mehr als 2 Megawatt aus Windkraft, Biomasse oder Sonnenenergie erzeugt wird, gilt Absatz 6 mit der Maßgabe entsprechend, dass derjenige, der den Strom erzeugt, auch für den erzeugten und zum Selbstverbrauch entnommenen Strom als Versorger gilt.“

Wenn diese Voraussetzungen vorliegen, dann sollten jedoch bereits bestehende Stromsteuerbefreiungen und Vorsorgeerlaubnisse erlöschen (§ 21 Abs. 2 StromStV). Viele Betreiber von Wind-, Photovoltaik- und Biogasanlagen wurden daraufhin von den zuständigen Hauptzollämtern dazu aufgefordert, ihre Erlaubnisscheine zurückzugeben. Die Hauptzollämter berücksichtigten dabei nicht, ob die betroffenen Betreiber ihren Strom vor Ort liefern oder in das Netz einspeisen und hierfür Einspeisevergütung oder Marktprämie erhalten. Die Folge: Auch Betreibern, die den erzeugten Strom nicht vor Ort in einer Kundenanlage an Letztverbraucher liefern, wurden die Steuerbefreiungen nicht mehr gewährt, nachträgliche Steuerbescheide wurden erlassen und teilweise erfolgten sogar Zwangsgelddrohungen.

Das Urteil: Rückforderung von Erlaubnisscheinen ist rechtswidrig

Die Klage betroffener Betreiber gegen dieses Vorgehen hatte nun vor dem Finanzgerichts Sachsen-Anhalt Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts vom 31.01.2024 (Az. 3 K 836/19) gab den Betreibern vollumfänglich recht. Die Regelungen zum „kleinen Versorger“ gelte nur für Betreiber von Wind-, Photovoltaik- und Biogasanlagen, die den erzeugten Strom auch vor Ort in einer Kundenanlage an Letztverbraucher liefern. Die Stromsteuerbefreiung und die Erlaubnisscheine als Versorger seien daher zu Unrecht zurückgefordert worden und die Einordnung durch das Hauptzollamt sei rechtswidrig gewesen.

Ausblick: Betroffene Betreiber sollten Chancen neu bewerten 

Das positive Urteil wird voraussichtlich Auswirkungen auf viele gleichartige noch laufende Verfahren haben. Zudem erhöht sich für Betreiber, die damals ihrer Erlaubnisscheine zurückgegeben haben oder im Anschluss von einem Antrag abgesehen haben, nun die Chance, ihre Erlaubnisscheine zurückzuerhalten oder für neue Anlagen solche zu beantragen.