Tracking pixel Windenergie-Moratorien: Juristische Luftnummer oder politisches Eigentor? · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Windenergie-Moratorien: Juristische Luftnummer oder politisches Eigentor?

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Der Ausbau der Windenergie wird weiter ausgebremst: Nicht zuletzt Brandenburg und Leipzig bemühen Moratorien, um die Windenergie zu stoppen. Ein juristisch fragwürdiges Manöver. Wir ordnen ein.

Die Energiewende droht an der regionalen Blockade zu scheitern: Die politische Debatte um Moratorien für den Windenergieausbau gewinnt in Deutschland dramatisch an Schärfe. Während die Landesregierung in Brandenburg einen flächendeckenden Genehmigungsstopp ankündigt, hat der Landkreis Leipzig am 10. September 2025 per Kreistagsbeschluss ein Moratorium erwirkt. Juristisch sind solche Manöver höchst fragwürdig – und könnten sich für die Gemeinden als ökonomisches Eigentor erweisen.

Wir beleuchten, wie diese politischen Signale rechtlich einzuordnen sind und warum solche Vorstöße für die Energiewende zur gefährlichen Symbolpolitik werden.

Hintergrund: Bundesziele versus regionale Widerstände

Die Errichtung von Windenergieanlagen liegt gemäß § 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2023) „im überragenden öffentlichen Interesse“ und dient der öffentlichen Sicherheit. Ziel des Bundes ist es, bis 2027 1,4 Prozent und bis 2032 zwei Prozent der Bundesfläche für Windenergie zur Verfügung zu stellen.

Auf regionaler und kommunaler Ebene wird dieser Ausbaupfad jedoch zunehmend von politischen Akteuren infrage gestellt. Die Impulse für Moratorien – also die Aussetzung oder der vollständige Stopp von Genehmigungsverfahren – kommen oft von politischen Parteien, die den Ausbau der Erneuerbaren Energien grundsätzlich ablehnen oder zumindest verzögern wollen.

Der Tenor: Man wolle Zeit gewinnen, um die regionalen Planungen neu zu ordnen und insbesondere den „Wildwuchs“ von Windenergieanlagen außerhalb ausgewiesener Flächen zu verhindern.Diese symbolischen Vorstöße stehen dabei im direkten Widerspruch zu den Zielen der Versorgungssicherheit und des Klimaschutzes.

Moratorien-Brennpunkte in Ostdeutschland

Im Fokus der politischen Auseinandersetzung stehen aktuell zwei prominente Beispiele aus Ostdeutschland:

  • Brandenburg: Die neu gebildete SPD-BSW-Landesregierung in Brandenburg kündigte am 19. September 2025 ein Windmoratorium an. Dieses soll einen kompletten Stopp der Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen bewirken, die sich außerhalb von Entwurfsflächen der regionalen Planungsgemeinschaften befinden.
  • Landkreis Leipzig: Am 10. September 2025 fasste der Kreistag des Landkreises Leipzig auf Antrag der AfD einen Beschluss, der unter anderem die Aufforderung an den Regionalen Planungsverband enthielt, ein „sofortiges Moratorium“ für Windenergieanlagen zu erlassen. Ziel war es, Genehmigungen im Rahmen des „Beurteilungs- und Ermessensspielraums“ zu begrenzen oder gänzlich zu versagen. Der Antrag der AfD wurde schließlich mit Stimmen der Freien Wähler, der Freien Sachsen und Teilen der CDU im Kreistag durchgewunken.

Rechtliche Einordnung: Moratorien verstoßen gegen Bundesrecht

Die rechtliche Einordnung ist bis dato eindeutig: Die lokalen Manöver sind juristisch nicht haltbar und folgen einem Muster, das im vergangenen Jahr bereits gerichtlich vor dem Oberverwaltungsgericht Münster (Az. 22 B 727/24.AK und 8 B 906/24.AK) gescheitert ist. Sie sind dem Grundsatz des übergeordneten Bundesrechts nach Art. 31 Grundgesetz (GG) unterworfen, demzufolge Bundesrecht das Landesrecht bricht. Pauschale Windenergie-Moratorien sind daher mit Bundesrecht unvereinbar und somit nichtig.

Im Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) ist der vermeintliche Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Behörden zugunsten der Erneuerbaren Energien „auf Null reduziert“. Genehmigungen dürfen somit nur im Rahmen des Gesetzes versagt werden. Der Kreistagsbeschluss Leipzig ist damit eine „Luftnummer“ und entfaltet keine direkte Wirkung auf laufende Genehmigungsverfahren.

Auch die Evaluierung der Flächenziele (Flächenbeitragswerte) ist bereits seit 2023 im Bundesrecht verankert, da das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) Bund und Länder zur regelmäßigen Überprüfung verpflichtet. Die Forderung zielt somit auf eine Praxis ab, die im Bundesrecht bereits fest verankert ist.

Die Sanktionsfalle (§ 249 Abs. 1 und 7 BauGB)

Die Verzögerung regionaler Planungen kann sich perspektivisch sogar negativ für die Moratoriums-Befürworter auswirken. Kann eine Region bis Ende 2027 nicht mindestens 1,3 Prozent ihrer Fläche für Windenergie ausweisen, tritt das Sanktionsregime des § 249 Abs. 1 und 7 Baugesetzbuch (BauGB) in Kraft. Die Folge: Windenergieanlagen werden im gesamten Plangebiet privilegiert zulässig – ein Horrorszenario für Ausbaugegner.

Gefährliche Symbolpolitik und ökonomischer Schaden

Die Moratoriums-Vorstöße auf Kreistagsebene in Sachsen und Brandenburg sind politisch motivierte Signale, die juristisch leer, aber politisch schrill sind. Solche Beschlüsse dienen in erster Linie dem Parteimarketing und der Mobilisierung von Ausbaugegnern.

Branchenverbände wie der LEE Sachsen und der LEE BB warnen jedoch, dass diese Aktionen die gesamte Wirtschaft verunsichern und ökonomisch schädlich sind: Insbesondere bringt der Moratoriums-Anschlag Unternehmen der Windenergie – zumeist kleine und mittelständische Unternehmen – in eine gefährliche wirtschaftliche Schieflage. Aber auch die entsprechenden Gemeinden erleiden erhebliche finanzielle Risiken, da sie dringend auf die hohen Beträge aus Windprojekten (EEG-Umlage, landesspezifische Abgaben) angewiesen sind und die Mittel teilweise bereits im Haushalt eingeplant haben.

Nicht zuletzt sorgen die Moratorien dafür, dass das Land Vertrauen verspielt und der Ausbau industrienaher Projekte, die Gewerbebetriebe direkt beliefern sollen, widersprüchlich gestoppt wird.

Trotz Nichtigkeit: Moratorien auf Landesebene verzögern Ausbau erheblich

Der Wille zur Genehmigungsaussetzung manifestierte sich bereits Anfang 2025 auch in Nordrhein-Westfalen (NRW). Dort beschloss der Landtag Ende Januar 2025 mit § 36a Landesplanungsgesetz (LPlG NRW) ein sechsmonatiges Windenergie-Moratorium, das zuletzt im August um weitere sechs Monate verlängert wurde. Die Vorschrift setzt die Entscheidung über rund 1.500 Genehmigungsanträge von Windenergieanlagen außerhalb der geplanten Windenergiegebiete aus.

Ähnliche Aussetzungsversuche der Landesregierung wurden bereits gerichtlich kassiert und angekündigt, dass die zugrundeliegenden Landesvorschriften wegen Verstoßes gegen Bundesrecht (Art. 31 GG) aller Wahrscheinlichkeit nach nichtig seien. Bis zu einer Feststellung eines Verfassungsverstoßes durch das Bundesverfassungsgericht sind die Behörden jedoch zur Anwendung der Vorschrift angehalten.

Fazit: Konsequente Sachpolitik statt Moratorien fördern

Die Windmoratorien in Brandenburg und im Landkreis Leipzig stellen im Kern eine populistische Abwehrhaltunggegen die notwendige Energiewende dar. Sie sind juristisch kaum haltbar und können den Bundesrechtsschutz für Erneuerbare Energien nach geltendem Recht nicht aushebeln.

Die größte Gefahr liegt in der politischen Wirkung: Sie verunsichern Investoren, bremsen dringend notwendige Projekte und senden das falsche Signal, dass politische Schlagzeilen wichtiger sind als die Konsequenz und Verlässlichkeit der Sachpolitik.

Der Weg zu einer sicheren und unabhängigen Energieversorgung führt nicht über Moratorien – sondern über eine schnelle, unbürokratische und konsequente Regionalplanung zur Ausweisung der notwendigen Flächen. Andernfalls besteht die reale Gefahr, dass die Verzögerungstaktik aufgrund des Sanktionsregimes des BauGB das genaue Gegenteil des politisch Gewollten bewirkt.


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