Windenergie - OVG bestätigt: Geringfügige Schallüberschreitungen zulässig
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Erfolgreiche Verteidigung eines Windparkprojekts durch MASLATON – das OVG bestätigt: Geringfügige Schallüberschreitungen nach der TA Lärm sind zulässig. Wir zeigen die Folgen für die schalltechnische Praxis.
Das von der MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH begleitete Verfahren um einen Windpark in Niedersachsen ist abgeschlossen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Az. 12 KS 125/23) hat die Klage eines Umweltverbands gegen die Genehmigungen des Vorhabens abgewiesen und damit die Rechtmäßigkeit der Genehmigungsbescheide bestätigt (wir berichteten). Der zweite Teil der Entscheidung zeigt, wie präzise technische Nachweise in Genehmigungsverfahren zu werten sind – und wo die Grenze zulässiger Abweichungen liegt.
Wir zeigen, wie technische Nachweise in Genehmigungsverfahren zu bewerten sind – und wo die Grenze zulässiger Abweichungen liegt.
Hintergrund: Technische Nachsteuerung im ergänzenden Verfahren
Im Rahmen des ergänzenden Verfahrens nach § 7 Abs. 5 UmwRG hatte die Genehmigungsbehörde die schalltechnischen und immissionsschutzrechtlichen Gutachten umfassend überarbeitet. Grundlage bildeten aktuelle Vermessungsdaten der neu genehmigten Anlagentypen. Dabei wurden insbesondere die Lärmemissionen, der Rotorschatten und die Vorbelastung durch den benachbarten Windpark berücksichtigt.
Im gerichtlichen Verfahren standen damit nicht mehr die Genehmigung als solche, sondern die fachliche Qualität und rechtliche Bewertung der technischen Gutachten im Mittelpunkt.
OVG: Geringfügige Überschreitungen zulässig
Das OVG Lüneburg bestätigte, dass die schalltechnischen Nachweise den Anforderungen der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) genügen. Maßgeblich sei, dass die Gutachten auf realen Vermessungsdaten beruhen und die tatsächliche Betriebssituation der Anlagen zutreffend wiedergeben. Berechnungen auf Basis tatsächlicher Schallleistungspegel entsprächen dem Stand der Technik und seien gegenüber Herstellerangaben vorzugswürdig.
Zudem stellte das OVG klar, dass geringfügige Überschreitungen der nächtlichen Immissionsrichtwerte – bis zu 1 dB(A) – nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm rechtlich zulässig sind. Solche Abweichungen führten weder zu unzumutbaren Belastungen noch zu Gesundheitsgefahren und seien im Rahmen der Genehmigung zulässig.
Schalltechnische Bewertung bestätigt
Die ergänzenden Berechnungen bezogen sowohl die Vorbelastung durch bestehende Windparks als auch topografische Gegebenheiten und bauliche Abschirmungen ein. Das Gericht folgte der Einschätzung der Genehmigungsbehörde, dass eine kumulative Gesamtbetrachtung erfolgt und die Schutzpflichten gegenüber Anwohnern gewahrt wurden.
Auch methodisch sah das OVG keinen Anlass zur Beanstandung: Der Wechsel des schalltechnischen Büros und die Verwendung der aktualisierten Gutachtenversion seien sachgerecht erfolgt. Die Überarbeitung habe zu präziseren Ergebnissen geführt und entspreche dem Stand der Technik.
Praktische Bedeutung: Nachsteuerung statt Neuanfang
Mit seiner Entscheidung bestätigt das OVG Lüneburg, dass technische Anpassungen und geringfügige Abweichungen im Rahmen der TA Lärm zulässig bleiben, sofern sie fachlich nachvollziehbar belegt sind. Projektierende können sich damit auf eine größere Verlässlichkeit der behördlichen Bewertung stützen.
Zugleich verdeutlicht das Urteil, dass ergänzende Verfahren nicht nur der formellen Fehlerheilung, sondern auch der inhaltlichen Nachsteuerung dienen können – etwa bei neuen Anlagentypen, aktualisierten Schallmessungen oder veränderten Umweltbedingungen. Die Entscheidung unterstreicht damit, dass die jüngsten Novellen im Umwelt- und Immissionsschutzrecht ihre Wirkung entfalten: Genehmigungen können gezielt fortentwickelt werden, ohne das Verfahren vollständig neu aufzurollen.
Fazit: TA Lärm praxisgerecht angewendet – Klarheit für Projektierende
Mit seinem Urteil bestätigt das OVG Lüneburg insbesondere die Zulässigkeit geringfügiger Richtwertüberschreitungen, wenn sie technisch begründet und transparent dokumentiert sind. Für die Genehmigungspraxis bedeutet das mehr Flexibilität und Rechtssicherheit – sowohl für Behörden als auch für Projektierende.
Zugleich zeigt das Urteil, dass sorgfältige schalltechnische Nachweise und eine konsistente Dokumentation entscheidend für die Bestandssicherheit von Genehmigungen sind. Wer aktuelle Messdaten verwendet und die Vorbelastung realitätsnah abbildet, kann auch im gerichtlichen Verfahren auf Bestätigung zählen.
Im Blick bleibt, wie diese Linie künftig auf Bundesebene aufgegriffen wird – und ob sich die praxisorientierte Anwendung der TA Lärm auch in anderen Obergerichten durchsetzt.