OVG bestätigt Genehmigungen für Windpark – Klage des Umweltverbands erfolglos
« NewsübersichtInhalt
- Hintergrund: Langjähriges Genehmigungsverfahren
- Prüfungsrahmen: Beschränkte Kontrolle auf umweltbezogene Vorschriften
- Kein Verstoß gegen Umweltrecht
- Reichweite der Fehlerheilung nach dem UmwRG
- Artenschutzrechtliche Einwände ohne Erfolg
- Praktische Bedeutung der Entscheidung
- Ausblick: Immissionsschutzrecht im Fokus
<p data-end="193" data-is-last-node="" data-is-only-node="" data-start="0"><strong>Erfolgreiche Verteidigung eines Windparkprojekts durch MASLATON: Das OVG Lüneburg weist die Verbandsklage ab – „rechtswidrig, aber im Verwaltungsverfahren heilbar“. Wir zeigen den richtigen Umgang mit Verbandsklagen auf.</strong></p>
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Das von der MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH begleitete Verfahren um einen Windpark in Niedersachsen ist abgeschlossen. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (Az. 12 KS 125/23) hat die Klage eines Umweltverbands gegen die Genehmigungen des Vorhabens abgewiesen und bestätigte: „rechtswidrig, aber heilbar“ – Genehmigungen können also im Verwaltungsverfahren nachgebessert werden.
Wir erläutern die prozessualen Wirkungen und den richtigen Umgang mit Verbandsklagen – und zeigen, wie die Entscheidung Rechtssicherheit und klare Leitlinien zur Fehlerheilung schafft.
Hintergrund: Langjähriges Genehmigungsverfahren
Das Verfahren betrifft einen Windpark mit neun Anlagen in Niedersachsen. Die immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigungen aus dem Jahr 2016 waren zunächst ohne Umweltverträglichkeitsprüfung erteilt worden. Nach einer erfolgreichen Klage des Umweltverbands wurde das Vorhaben in mehreren Schritten überarbeitet.
In einem ergänzenden Verfahren nach § 7 Abs. 5 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) erließ die Behörde 2022 einen sogenannten Ergänzungsbescheid, um die gerichtlich festgestellten Mängel zu beheben. Während des weiteren Verfahrens folgten mehrere Änderungsgenehmigungen – insbesondere zur Anpassung des Anlagentyps sowie zur Aktualisierung schall- und schattenwurfrelevanter Nebenbestimmungen.
Das OVG Lüneburg hatte nun über die Genehmigungen in ihrer zuletzt geänderten Fassung zu entscheiden.
Prüfungsrahmen: Beschränkte Kontrolle auf umweltbezogene Vorschriften
Das OVG Lüneburg stellte zunächst klar, dass die gerichtliche Kontrolle nicht die gesamte Genehmigung, sondern nur deren umweltrechtliche Aspekte umfasst (§ 2 Abs. 4 UmwRG). Bereits 2019 rechtskräftig festgestellte Mängel konnten nicht erneut überprüft werden. Gegenstand des Urteils waren daher ausschließlich die nachträglichen Ergänzungs- und Änderungsgenehmigungen.
Die Rechtskraft umfasst damit lediglich die gerichtliche Feststellung bestimmter Rechtsfehler, die im ergänzenden Verfahren zu beheben sind sowie die Feststellung, dass keine weiteren Verfahrensfehler vorliegen. Ein Kläger kann im Verfahren gegen einen Ergänzungsbescheid daher nicht erneut Einwendungen gegen Punkte erheben, über die bereits im Vorprozess rechtskräftig entschieden wurde.
Kein Verstoß gegen Umweltrecht
Das OVG Lüneburg erklärte die Genehmigungen in ihrer aktuellen Fassung für rechtmäßig und wies die Klage des Umweltverbands ab. Der Wechsel des Anlagentyps sei nach § 16b Abs. 7 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) zulässig, da keine neuen erheblichen Umweltauswirkungen entstünden. Eine erneute Umweltverträglichkeitsprüfung war nicht erforderlich, weil sich die Anlagen innerhalb eines durch die 28. Änderung des Flächennutzungsplans wirksam ausgewiesenen Sondergebiets „Windenergie“ befinden.
Auch der zugrunde liegende Flächennutzungsplan wurde vom Gericht als wirksam beurteilt. Etwaige Verfahrens- oder Abwägungsmängel seien nach Ablauf der Jahresfrist des § 215 Baugesetzbuch (BauGB) unbeachtlich. Die Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB sei ordnungsgemäß durchgeführt worden.
Reichweite der Fehlerheilung nach dem UmwRG
Weiterhin stellte das OVG klar, dass ein nach § 7 Abs. 5 UmwRG durchgeführtes ergänzendes Verfahren ausschließlich der Heilung gerichtlich festgestellter Fehler dient. Die Rechtskraft eines früheren Urteils erfasse zugleich die Feststellung, dass darüber hinaus keine weiteren Fehler bestehen. Kläger können daher im Anschlussverfahren keine bereits abschließend geprüften oder verworfenen Rügen erneut geltend machen.
Innerhalb dieses durch die Rechtskraft gesetzten Rahmens greift zusätzlich § 6 UmwRG. Danach müssen Umweltvereinigungen ihre Einwendungen innerhalb von zehn Wochen nach Klageerhebung substantiiert vorbringen; spätere Ergänzungen sind nur bei entschuldigter Verspätung zulässig. Hierbei betonte das OVG, dass diese Frist nicht von einer vorherigen Akteneinsicht abhängt, sondern ab Klageerhebung läuft. Kläger seien gehalten, ihr Vorbringen auf Basis der bereits im Verwaltungsverfahren bekannten Informationen zu begründen.
Artenschutzrechtliche Einwände ohne Erfolg
Auch die vom Umweltverband erneut vorgebrachten artenschutzrechtlichen Rügen, insbesondere zu Feldlerche, Waldschnepfe und Fledermausarten, überzeugten nicht. Laut OVG habe die Behörde die früher beanstandeten Defizite im ergänzenden Verfahren nachvollziehbar behoben. Veränderungen der naturräumlichen Verhältnisse zwischen den Genehmigungsstufen führten nicht zu einer erneuten Prüfungspflicht.
Praktische Bedeutung der Entscheidung
Die Entscheidung verdeutlicht insbesondere die begrenzte gerichtliche Kontrolle in ergänzenden Umweltverfahren: Das Verfahren nach § 7 Abs. 5 UmwRG stellt kein neues vollständiges Genehmigungsverfahren dar, sondern ein Instrument zur Heilung einzelner Mängel im Rahmen der bestehenden Genehmigung. Damit bestätigt das Gericht die materielle Teilrechtskraft früherer Entscheidungen und schafft Rechtssicherheit für Projektierende – ein Hinweis darauf, dass die jüngsten Gesetzesnovellen ihre Wirkung in der Praxis entfalten.
Zugleich zeigt die Entscheidung, dass nachträgliche Änderungen und technische Anpassungen – etwa beim Anlagentyp – zulässig bleiben, sofern sie keine neuen erheblichen Umweltauswirkungen hervorrufen und ordnungsgemäß geprüft werden.
Ausblick: Immissionsschutzrecht im Fokus
Im weiteren Verlauf des Urteils befasst sich das OVG Lüneburg ausführlich mit den schalltechnischen Aspekten des Verfahrens. Dabei stehen die Berechnung und Bewertung der nächtlichen Geräuschimmissionen im Mittelpunkt. Diese technischen und rechtlichen Detailfragen werden im zweiten Teil unserer Auswertung näher beleuchtet