Tracking pixel OVG Lüneburg äußert sich zur Genehmigungspflichtigkeit und Genehmigungsfähigkeit von KWEA in reinen Wohngebieten · MASLATON Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

OVG Lüneburg äußert sich zur Genehmigungspflichtigkeit und Genehmigungsfähigkeit von KWEA in reinen Wohngebieten

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„KWEA sind nach § 69 Abs. 1 S. 1 NBauO nicht von der Genehmigungspflicht freigestellt“

1. Sachverhalt
Der Kläger plante auf seinem Seegrundstück, welches mit einem Einfamilienhaus und einer Garage bebaut ist und in einem reinen Wohngebiet liegt, die Errichtung und den Betrieb einer Kleinwindenergieanlage (KWEA) mit einer Masthöhe von 10 m, einem Rotordurchmesser von 1,60 m. Hierzu stellte er eine Bauvoranfrage, um die Genehmigungspflichtigkeit und die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens vorab prüfen zu lassen. Die zuständige Genehmigungsbehörde lehnte den begehrten Bauvorbescheid mit der Begründung ab, das Vorhaben sei genehmigungspflichtig und nicht genehmigungsfähig. Die dagegen gewandten Rechtsmittel blieben erfolglos. 

2. Entscheidungsgründe des Senats
Nach Auffassung des Senats sind KWEA in Niedersachsen genehmigungspflichtig. Demnach bedürfen Vorhaben gem. § 68 NBauO grundsätzlich einer Genehmigung. Aus diesem sich daraus ergebenden Grundsatz des präventiven Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt und den Freistellungsregeln des § 69 Abs. 1 NBauO folge, dass der Katalog mit den einzeln aufgelisteten genehmigungsfreien baulichen Anlagen einen abschließenden Charakter habe. Der Landesgesetzgeber hat sich ausdrücklich – im Unterschied zu anderen Ländern – nicht dafür entschieden, KWEA in den Katalog der genehmigungsfreien Vorhaben aufzunehmen. Allein aus diesem Grund verbiete sich eine extensiveAuslegung oder gar eine analoge Anwendung der in dem Anhang zu § 69 NBauO genannten Tatbestände. Darüber hinaus sei die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen, dass das Vorhaben auch als eine untergeordnete Nebenanlage dem Gebietscharakter des reinen Wohngebiets widerspreche. Danach besitze ein dicht bebautes Gebiet mit kleinen Grundstücken, einer hohen Grundflächenzahl und einer großen überbaubaren Grundstücksfläche eine die Zulässigkeit von WEA ausschließenden Ei-
genart. Eine die Zulässigkeit von WEA begünstigende Eigenart habe ein Gebiet nur dann, wenn es so weiträumig und aufgelockert bebaut ist, dass auf jedem Grundstück eine WEA aufgestellt und betrieben werden kann, ohne dass dadurch auf Nachbargrundstücken die Aufstellung sinnvoll zu betreibender WEA beeinträchtigt würde und ohne dass der Betrieb solcher Anlagen durch die Bebauung und den Bewuchs der Nachbargrundstücke behindert werden könnte. Aufgrund dieser Kriterien hat das erstinstanzliche VG die überbaubare Größe des in Rede stehenden Grundstücks (525
qm) sowie die angrenzenden Grundstücke als Indiz gegen ein weiträumiges und aufgelockert bebaubares Gebiet gewertet. Darüber hinaus galt es auch die Lage, den Zuschnitt und vor allem die Ausrichtung des Grundstücks - als Seegrundstück mit Freizeit und Erholungscharakter – in die Prüfung mit einzubeziehen. Die gesamte Infrastruktur der geplanten KWEA, also die Drehbewegung, der Rotordurchmesser als auch die Verankerung im Boden stellen eine gebietsfremde, optische Beeinträchtigung dar, die in keiner Weise mit rein dekorativen Windrädern,- hosen oder Fahnen vergleichbar sind.

3. Kommentar
Die Begründung des Senats des OVG Lüneburg bezüglich der grundsätzlichen Genehmigungsfreistellung entspricht der geltenden Rechtslage in Niedersachsen, denn in Niedersachsen fallen KWEA anders als beispielsweise in Bayern oder dem Saarland eben ausdrücklich nicht unter den Katalog der verfahrensfreien Vorhaben. Der Senat stellt sich mit seiner Auffassung, dass KWEA der Eigenart eines reinen Wohngebiets bei kleinteiligen Grundstücken widersprechen, klar gegen die sich im Vormarsch befindliche Auffassung der dezentralen Energieversorgung. Allerdings erscheint es vor allem im Hinblick auf die opti-sche Beeinträchtigung äußerst fraglich, ob die vom OVG Lüneburg herangezogene bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung aus dem Jahr 1983 (BVerwGE, 67, 23) hierfür noch unangepasst
herangezogen werden kann. Am Beispiel der Photovoltaik sieht man recht deutlich, dass sich das Verständnis der Bevölkerung zur dezentralen Energieversorgung in den letzten Jahren – sicherlich nicht zuletzt aufgrund des massiven Anstiegs der Preise für fossile Energieträger – merklich verändert hat. Die hier vorangefragte Anlage entspricht zudem den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 lit. f) EE-RL – sie ist eine kleine Anlage zur Produktion von Energie aus erneuerbaren Quellen. 


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